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Wie gestaltet ein Systemischer Coach nach SySt® einen Coaching Prozess?

Aktiv und transparent informieren

Besonders wichtig ist es, die Kunden transparent über das Was und Wie des Coaching Prozesses zu informieren, d.h. darüber, wie man arbeitet, auf welche Prämissen und Grundannahmen man sich als Coach bezieht und auch woher, aus welcher Richtung/Ansatz diese Prämissen kommen. Die Prämissen beim systemischen Coaching nach SySt®, also Systemische Strukturaufstellungen, kommen von systemisch-konstruktivistischen Ansätzen (Heidelberger Schule, Mailänder Schule), vom lösungsfokussierten Ansatz (Steve de Shazer, Insoo Kim Berg) und der modernen Hypnotherapie nach M. Erickson.

Ein systemischer Coach sollte immer aktiv kommunizieren können, wie sie arbeitet und in welcher Weise diese oder jene Richtung, die man im Coaching Prozess einschlägt, zu der vom Kunden gewünschten Zielrichtung beitragen kann.

Das stärkt sowohl das Kooperations- und Vertrauensverhältnis zwischen Coach und Kundensystem, als auch die Integration und den Transfer der Ergebnisse durch die Kunden. Aktive, transparente Informationsstrategie setzt natürlich voraus, dass der Coach sich auf ein fundiertes Hintergrundwissen, auf klare Prämissen und Haltungen bezieht.

Ob der Coaching Prozess mit einer Einzelperson, einem Team oder einer Organisationseinheit stattfindet, macht in dieser Hinsicht keinen Unterschied. Die Art der Information ist natürlich je nach Kontext des Coaching Prozesses unterschiedlich.

Coach als Experte, wofür?

Eine der Prämissen, mit der ein Systemischer Coach nach SySt® arbeitet ist, dass Menschen und Organisationen als lebende Systeme ihre Entscheidungen autonom treffen (Theorie der Autopoiese) und von außen nicht direkt steuerbar sind.

Daher sieht sich ein systemischer Coach nach SySt® nicht als Experte für die inhaltlichen Lösungen, sondern ausschließlich als Experte für die Gestaltung des Coaching Prozesses, der im Dialog mit dem Kundensystem einen „Möglichkeitsraum“ öffnet, d.h. ein Feld, in dem das Kundensystem (Einzelperson oder eine Personengruppe) seine Lösungs- und Handlungsmöglichkeiten erweitern kann.

Bezogen auf die Inhalte der Kunden nimmt der Coach eine Haltung des Nicht-Wissens und Nicht-Deutens ein. Und das ganz bewusst, um neugierig Fragen zu können und nicht zu früh zu „wissen“, was beispielsweise „Erfolg“ genau in diesem Zusammenhang für dieses spezifische Kundensystem bedeutet. Also ist es wichtig als systemischer Coach „dumm“ zu sein, was die Deutung des Kundensystems betrifft und durch neugieriges Erkunden, durch Fragen und Hinterfragen die Informationen zu vermehren.

Systemische Strukturaufstellungen, ein Gruppensimulationsverfahren, bietet über die räumliche Darstellung, Perspektivenwechsel und Einbeziehung des impliziten Wissens und durch unterschiedsbasierte Arbeitsweise besonders wirksame Möglichkeiten für Informationsvermehrung.

Informationen vermehren, Angebote machen

Neue Informationen zu generieren ist eine der Hauptaufgaben eines systemischen Coachs nach SySt®. Die Fragen und Angebote haben stets einen Vorschlagcharakter. Das Kundensystem hat die Expertise für die Ebene der Inhalte und ist die Instanz, die entscheidet, ob die Vorschläge angenommen werden oder nicht.

Wird ein Vorschlag nicht angenommen, denkt ein systemischer Coach nach SySt® beispielsweise nicht „dieser Kunde ist nicht kooperativ, jener zeigt Widerstand“, sondern sieht darin eine Kompetenz des Kundensystems, so gut zu wissen, was passend ist und was nicht und geht anschließend in sich und sucht passendere Vorschläge.

Ausgehend aus der Prämisse, die Lösungen sind in den Problemen bereits enthalten und auch die Kompetenzen dafür sind grundsätzlich da, ist es ein Meta-Ziel des Coaching kompetenzaktivierend zu arbeiten.

So gesehen ist es ein absolutes ‚No-Go‘ für einen systemischen Coach nach SySt®, inhaltlich zu deuten, was gut bzw. weniger gut ist für das Kundensystem. Ein noch größeres ‚No-Go‘ wäre, nicht ständig an sich als Coach zu arbeiten, um weniger urteilend und deutungsarmer in diesem Sinne zu werden.

Was heißt erfolgreich und wer definiert den Erfolg?

Es gibt zwei Ebenen in einem Coaching Prozess, die Inhaltsebene und die Prozessebene. Auf der Ebene der Inhalte sind es ausschließlich die Kunden, die beurteilen können, was erfolgreich, gut, besser, passend usw. bedeutet.

Auf der Ebene des Prozesses gibt es mehrere Kriterien, die dem Coach zeigen, ob der Prozess in die richtige Richtung geht. Sieht der Kunde bzw. Kundensystem mehr eigene Handlungsmöglichkeiten, werden mehr auch kleine Fortschritte in die gewünschte Richtung wahrgenommen und können mehr eigene Beiträge beschrieben werden, die zum Fortschritt beigetragen haben, wenn also das Kundensystem ressourcenreicher wirkt bzw. sich selber so beschreibt, haben wir als Coach einige Hinweise, dass es in die richtige Richtung geht.

Wichtig ist auch, solche Hinweise auf den gesamten Coaching Prozess zu beziehen und nicht nur auf einzelne Sitzungen, um die individuelle Zeitqualität zu beachten, die einzelne Kunden für ihre Prozesse brauchen.

Coaching Kompetenz für Führungskräfte

Wenn wir Führung -laut Organisationstheoretiker Rudi Wimmer- als zielgerichtetes Gestalten sozialer Situationen verstehen und situativ tragfähige Ja‘s zu erzeugen als eine der Kernleistungen von Führung, so wird es verständlich, dass Coaching Kompetenz bei den Führungsaufgaben immer zentraler wird.

Es ist gut erforscht, dass die meisten Probleme in Projekten auf Mängel bei Kundenbeziehungen vor allem in der Phase der Anforderungsklärung zurückzuführen sind. Oft sind enorme Terminverzögerungen und Kostenexplosion zur Folge. Kompetenzen des Nicht-Wissens und des Nicht-Deutens können bei der Klärung und Verfolgung von Kundenanforderungen und generell in Kundenbeziehungen außerordentlich nützlich sein.

Bewusst so zu kommunizieren, dass das Vertrauens- und Kooperationsverhältnis gestärkt wird, erhöht nicht nur bei externen Kundenbeziehungen die Wirksamkeit. Interne kollegiale und hierarchische Beziehungen als Kooperationsverhältnisse zu betrachten, öffnet viele Möglichkeiten, jede Interaktion effektiver, fruchtbarer und auch angenehmer zu gestalten.

Schließlich ist kompetenzaktivierende, lösungsfokussierende Gesprächsführung nicht nur bei MitarbeiterInnen-Gesprächen wichtig, sondern unter anderem bei  jeder Zielklärung und Visionsentwicklung, in jedem Entscheidungs- und Problemlösungsprozess von entscheidender Bedeutung.

Über die Autorin:

E. SuvarierolMag.a Esin Suvarierol, Betriebswirtin, seit 2000 Inhaberin der Unternehmensberatung für Systemische Lösungen. Davor langjährige Tätigkeit in der Privatwirtschaft im Bereich der Systementwicklung, Qualitätsmanagement und interner Projektberatung.

Arbeitsschwerpunkte sind Systemische Beratung in Veränderungsprozessen, in Projekten, in interkultureller Zusammenarbeit mit Schwerpunkt Türkei sowie Weiterbildungsseminare in „Systemisches Coaching nach SySt®“. Sie ist zertifiziert vom SySt®-Institut in München in Systemischer Beratung mit Schwerpunkt Systemische Strukturaufstellungen (SySt®) und ist in Österreich und in der Türkei tätig.

Weitere Informationen über Mag.a Esin Suvarierol

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